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Leserbriefe

 

 

Leserbrief, Thema: Suizidhilfe

Adressat: „Süddeutsche Zeitung“
Betreff: SZ vom 02.07.2008/Suizidhilfe, S. 1 + 2

 


In der Begründung des Gesetzentwurfes, der gewerbliche und organisierte Beihilfe zum Suizid mit Gefängnis bis zu drei Jahren bedroht, steht, es widerspreche dem Menschenbild des Grundgesetzes, wenn mit dem Suizid und dem Leid anderer Menschen Geschäfte gemacht werden.

Faktisch ist es aber so, dass mit dem Leid anderer Menschen schon lange Geschäfte gemacht werden – von den christlichen Kirchen, die nicht wenige Pflegeheime betreiben, von Kliniken, von der Pharmaindustrie und am Ende noch von den Bestattungsunternehmen.

Ein sogenannter „normaler Suizid“ bedeutet immer auch einen Einnahmeausfall, und die Ärzteverbände werden schon wissen, warum sie den ärztlich assistierten Suizid, für den Juristen die Straffreiheit fordern, nach wie vor so vehement ablehnen.

All dies verblasst neben mit genialen Angst-Management der christlichen Kirchen, das sich ja immer auch finanziell lohnte. Man denke an die Ablassbriefe als Versicherungsprämie gegen die sadistischen Höllen- und Fegefeuer-Foltern. Haben wir das wirklich hinter uns gelassen? Nein. Die Angst, die die Menschen früherer Zeiten bei den Bußpredigten und der Betrachtung der bildlichen Vergegenwärtigungen in den Kirchen befiel, ist nicht überwunden, sie hat sich nur säkularisiert. Und sie wird nach wie vor instrumentalisiert. An Schläuche angeschlossen im Pflegeheim, von Schmerzen gepeinigt, unerlöst, entmündigt, Gegenstand der institutionalisierten Moral von Ethik-Kommissionen, hilflos den Helfern ausgeliefert – das ist das neue Objekt der Angst, vor dem des Gläubige, Agnostiker und Atheisten gleichermaßen graust.

Hildegard Geisberger

2. Juli 2008