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Leserbriefe

 

 

Thema: Herr Draghi und die Euro-Rettung
Adressat: „Süddeutsche Zeitung“
Betreff: SZ Nr. 165, 21.07.2015, „Der glückliche Herr Draghi“, Mark Beise



Herr Beise jubelt, Herr Draghi habe mit seinem Statement, man werde den Euro um jeden Preis retten, die Finanzmärkte beruhigt und die Politik nun zurück aufs Spielfeld gezwungen. Und nun: „Volkes Wille geschehe“. So Herr Beise.

 

Ich kann mich nicht erinnern, dass in Deutschland „Volkes Wille“ bei der Einführung des Euro gefragt war. Ob die Willfährigkeit der Parlamentarier bei der Abstimmung über die diversen „Rettungsschirme“ vom „gewöhnlichen Volk“ mehrheitlich mitgetragen wird, ist eine interessante Frage. Die Wahlbeteiligung geht jedenfalls zurück. Es ist ja auch egal, welche Partei wir wählen, ob nun Grün, Rot oder Schwarz – wenn es um die „Idee Europa“ geht singen alle Parteien das gleiche Lied. Frau Merkel hat behauptet „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“. Das gilt bei allen Parteien außer der marginalisierten Linken als bedingungslos zu unterstützendes nationales Credo, als politisch-moralische Staatsraison. Hayek ist nun wieder en vogue - schon vor Jahrzehnten vertrat er die Überzeugung, Demokratie müsse daran gehindert werden, der ständigen Versuchung nachzugeben, in die Resultate freier Märkte korrigierend einzugreifen. Es gehe schließlich darum, den kapitalistischen Markt gegen demokratisch-interventionistische Politik zu immunisieren. In der Tat haben sich die internationalen Finanzmärkte nach der neoliberalen Wende mehr emanzipiert als griechische Arbeiter, denen im Zuge ausländischer Rettungsmaßnahmen die Rente gekürzt wird, um „ihre“ Banken zu retten. Schuldenstaaten haben in Wahrheit Schulden aufgenommen, um Steuern zu ersetzen, die sie von ihren Bürgern, allen voran den reichsten, nicht kassieren konnten oder um des sozialen Frieden willens nicht kassieren wollten oder durften.   

 

Hildegard Geisberger

 

Veröffentlicht in der Süddeutschen Zeitung vom 31. 07. 2015